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Berlin: "Politische Willkür, staatliches Unrecht, Biografien zerstört" - LINKE entschuldigt sich für "DDR"

Die Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Katja Kipping und Bernd Riexinger, und der Vorsitzende der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Gregor Gysi, haben sich für das von der SED in der DDR begangene Unrecht entschuldigt. In einer Presseerklärung schreiben die Parteivorsitzenden: "... die DDR war eben auch ein Staat, dessen Handeln durch die Abwesenheit freier Wahlen die grundlegende demokratische Legitimation fehlte, und in dem die politische Willkür jederzeit Recht und Gerechtigkeit ersetzen konnte, in dem zehntausende Biografien durch staatliches Unrecht gebrochen und zerstört wurden. Dafür trug eine Partei die Hauptverantwortung, die SED. Die PDS hat im Frühjahr 1990 die Abkehr vom Stalinismus als System zu ihrem Gründungskonsens gemacht, die Verantwortung für begangenes Unrecht übernommen und sich bei den Bürgerinnen und Bürgern der DDR entschuldigt."

Aus SED wurden DIE LINKEN

Nach der Wende hatte sich die DDR-Unrechtspartei SED ("Sozialistische Einheitspartei Deutschlands")  in PDS ("Partei des demokratischen Sozialismus") umbenannt. Die PDS war später mit der westdeutschen WASG zur Partei DIE LINKEN verschmolzen.

Bei der Gedenkveranstaltung des Deutschen Bundestages am 8. November 2014 hatte der DDR-Liedermacher und Regimekritiker Wolf Biermann die LINKEN in seiner im Programm nicht vorgesehenen heftig kritisiert. Biermann, der in der DDR großen Repressalien ausgesetzt war und schließlich vom DDR-Regime ausgebürgert wurde, bezeichnete die LINKE in seiner Rede als "Rest der Drachenbrut" und "der elende Rest dessen, was überwunden ist"

Einen ausführlichen Bericht mit der dem Text der vollständigen Rede Biermanns und Videolinks  sehen Sie hier!

Demokratie und Rechtsstaat \"sind wie zwei Augäpfel zu hüten\"

Die Vorsitzenden der LINKEN sagten weiter:"Heute gehört die Erkenntnis, dass Grund- und Freiheitsrechte niemals auf dem Altar vermeintlich höherer Ziele geopfert werden dürfen, zu den programmatischen Kernsätzen der LINKEN. Heute erneuern wir die Entschuldigung für begangenes Unrecht und das Bekenntnis, dass wir Demokratie und Rechtsstaat wie zwei Augäpfel zu hüten haben.Brücken bauen - Zeit für eine neue Erinnerungspolitik."

Die gemeinsame Erklärung mit der Entschuldigung erfolgte anlässlich des 25. Jahrestags des Falls der Berliner Mauer und der Öffnung der innerdeutschen Grenze.

Kipping, Rixinger und GYsi schreiben weiter: "Die Grenze wurde gewaltfrei geöffnet. Die Gewaltlosigkeit des Mauerfalls wie der friedlichen Revolution in der DDR ist ein Verdienst der Bürgerinnen und Bürger der DDR. Weniger als ein Jahr später war die DDR Geschichte. Ein Staat ging unter, der seine Legitimität aus den deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg zog, und der für sich in Anspruch nahm, das "bessere Deutschland" zu sein."

Real existierende Sozialismus scheiterte

Die drei Politiker sagten wörtlich: "Die DDR ging 1990 nicht zuletzt deshalb unter, weil sie diesen Anspruch nicht einlöste. Der real existierende Sozialismus scheiterte nicht zuerst an äußeren Umständen, sondern an seinen eigenen inneren Widersprüchen, an seinen Fehlern und Verbrechen, an Unfreiheit und ideologischem Dogmatismus, an seiner wirtschaftlichen Ineffizienz."

Ein Vierteljahrhundert nach diesen Ereignissen sei es Zeit, vor allem jenen zu danken, die damals die Mauer von Ost nach West zum Einsturz brachten: "Hunderttausende gingen auf die Straße und läuteten einen historischen Wandel ein, der für viele von ihnen in dramatische biografische Brüche mündete. Wir würdigen diese Menschen, die sich in stürmischen Zeiten behaupten mussten und den politischen, ökonomischen und sozialen Wandel gestaltet haben."

Erinnerungskultur "Schwarz-Weiß-Malerei"

Bis heute sei  die Erinnerung an die DDR eine umkämpfte Geschichte: "Bis heute dominiert in der offiziellen Erinnerungskultur eine Schwarz-Weiß-Malerei, die weder dem Land noch den Menschen gerecht wird. Die DDR war beides. Für viele Menschen war sie das Land, in dem sie geboren wurden, in dem sie einen Teil ihres Lebens lebten, und in dem sie eine Lebensleistung erbrachten, für die sie zu Recht jene Anerkennung erwarten, die ihnen zum Teil auf dem Lohnzettel und Rentenbescheid bis heute vorenthalten wird."

Das zentrale Motiv einer neuen Erinnerungspolitik müsse es sein, Brücken zu bauen und eine neue Kultur des Zuhörens zu etablieren: "Wo die Erinnerung vordergründig im Parteienstreit instrumentalisiert wird, steht die Aufarbeitung und Versöhnung hintenan. Geschichtspolitische Rosinenpickerei mag der politischen Landnahme dienen, dem Lernen aus der Geschichte im Interesse von Demokratie und Rechtsstaat dient sie nicht."

Zeit für eine neue Erinnerungspolitik

Ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall sei es Zeit für eine neue Erinnerungspolitik, eine Erinnerungspolitik, "die kein Unrecht verschweigt, die die vielen Spuren, welche die Geschichte seit dem letzten Jahrhundert hinterlassen hat, über die Epochengrenzen hinweg in einen gemeinsamen Aufarbeitungszusammenhang stellt, die allen Opfern den gleichen Respekt erweist, die den großen und kleinen Tätern auf der Spur bleibt, und die auch nicht vergisst, die Frauen und Männer der Dissidenz, des Widerstands und der demokratischen Selbstbehauptung zu ehren. Für diesen Neuanfang in der Erinnerungspolitik wird sich DIE LINKE einsetzen."

Bedeutung des 9. November für Deutschland

Die drei Politiker wiesen auf die Bedeutung des 9. Novembers in der deutschen Geschichte hin:

"Am 9. November erinnern wir uns nicht nur an den Fall der Mauer. Wir erinnern uns ebenso an einen der dunkelsten Momente der deutschen Geschichte, den reichsweiten Pogrom gegen Jüdinnen und Juden, den das "Dritte Reich" am 8. und 9. November 1938 unter dem Namen "Reichskristallnacht" anzettelte. Wie kein zweiter Tag erinnert uns der 9. November daran, welche Spuren die Geschichte der vergangenen 100 Jahre in Deutschland hinterlassen hat. Spuren des Unrechts und der Gewalt, Spuren der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung, Spuren der Dissidenz und des Widerstands, Spuren bürgerschaftlicher Selbstbehauptung, aber auch Spuren des braunen Terrors, die bis an die Gegenwart heran reichen."

Kapitalismus für DIE LINKE "nicht das Ende der Geschichte"

Für DIE LINKE sei der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte: "Wir werden uns an dem Suchprozess für eine sozialere, gerechtere und demokratischere Gesellschaft weiterhin aktiv beteiligen."


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